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Aktuell: Psychometrie von drei Dissoziations-Messinstrumenten (DES-II, DESR und DESC)

Wir von Netzwerk: Trauma & Dissoziation haben uns der Aufarbeitung aktueller Forschungsergebnisse verschrieben. Dazu gehört auch das Vorstellen ausgelesener Studien zum Thema Trauma & Dissoziation. Der folgende Beitrag ist eine Zusammenfassung folgender Studie:

Arzoumanian, M. A., Verbeck, E. G., Estrellado, J. E., Thompson, K. J., Dahlin, K., Hennrich, E. J., ... & Trauma Research Institute. (2023). Psychometrics of Three Dissociation Scales: Reliability and Validity Data on the DESR, DES-II, and DESC. Journal of Trauma & Dissociation, 24(2), 214-228.

Einer der ersten verlässlichen und validen Messinstrumente der Dissoziation ist der «Dissociative Experiences Scale (DES)», der von Putnam und Bernstein 1986 entwickelt wurde. Dieser wurde weiterentwickelt und vereinfacht, sodass die zweite Version des DES, DES-II, daraus entstand. Aufgrund statistischer Verzerrung, wurde der DES-II überarbeitet, woraus DESR (DES revised, Dalenberg, 2010) wurde. Darin müssen die Proband*innen die Häufigkeit dissoziativer Symptome nicht mehr in Prozent abschätzen, sondern wie oft dieses Erleben pro Tag, Woche, Monat oder im Jahr auftritt. Im Jahr 1999 entwickelten Wright und Loftus den Dissociative Experience Scale Comparison (DESC, Wright & Loftus, 1999). Darin müssen die Proband*innen die Häufigkeit ihrer dissoziativer Symptome im Vergleich zu anderen Individuen abschätzen. Alle Skalen haben ihre Stärken und Schwächen, sodass eine Erfassung der psychometrischen Eigenschaften notwendig ist. In der folgenden Abbildung (Arzoumanian et al., 2023, S. 215) werden der DES-II, DESR und DESC verglichen.




Ausgangslage Bis zum jetzigen Zeitpunkt werden der DESR und DESC als Alternative zum DES-II verwendet, allerdings ohne genügend psychometrisch erforscht zu sein. Arzoumanian et al. (2023) führten zu diesem Thema zwei verschiedene Studien durch, welche in der Folge vorgestellt werden.


Studie 1: Sechzig Studierende und 192 andere Erwachsene füllten eine der drei Skalen DES-II, DESR und DESC aus. Dabei stellten die Forscher*innen fest, dass die DESR-Teilnehmer*innen sich der Akkuratheit ihrer Antworten sicherer waren. Auch fanden Sie heraus, dass das Verständnis der DESR-Instruktionen einfacher war, als die für DES-II und DESC. Häufige Schwierigkeiten beim Ausfüllen des DES-II (z.B. Probleme beim Berechnen von Prozentzahlen) und DESC (fehlende Wahrnehmung von anderen), führten zu grösserer Unsicherheit bei den Proband*innen.


Studie 2: Dreihundert Studierende wurden untersucht. Zum ersten Zeitpunkt füllten die Prband*innen einen zufällig zugeteilten Test (DES-II, DESR oder DESC) aus, gefolgt vom Toronto alexithymia scale (TAS) und Posttraumatic checklist-civilian version (PCL-C). Letztere Untersuchungen waren nötig, um Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen (DES-II, DESR und DESC) hinsichtlich der Identifizierbarkeit von Gefühlen, Unfähigkeit, Gefühle auszudrücken, Schwierigkeiten hinsichtlich Fantasie und externales orientiertes Denken (alle TAS), sowie hinsichtlich des Screenings von posttraumatischen Symptomen (PLC-C) zu identifizieren. Nach dem Ausfüllen des ersten Fragebogens, mussten die Proband*innen einen weiteren zugeteilten Fragebogen ausfüllen.

Zwei Wochen später folgte die dritte Messung mit dem dritten Fragebogen (der nicht zum Zeitpunkt 1 ausgefüllt wurde). Die Resultate zeigten eine akzeptable Test-Retest-Reliabilität. Die Beziehung zwischen den verschiedenen Dissoziationsmessinstrumenten wurde zum Zeitpunkt 1 und über die Zeit analysiert. Dabei zeigte sich, dass vor allem DES-II und DESR miteinander korrelierten – dies sowohl zum Zeitpunkt 1, als auch über einen Abstand von zwei Wochen. Zum Zeitpunkt 1 der Studie zeigten die Proband*innen mit einer Traumageschichte höhere Scores in allen drei Parametern. Die Effektgrösse war bei DES-II und DESR allerdings höher als bei bei DESC.


Zusammenfassung Die Resultate zeigen, dass sich DESC substanziell von DES-II und DESR unterscheidet und dass die drei Messinstrumente nicht austauschbar sind. Probleme beim Ausfüllen des DES-II zeigten sich insbesondere bei der Beantwortung der Fragen zu Prozentzahlen und der Referenz zum korrekten Zeitintervall. Währenddem waren sich die Proband*innen beim Ausfüllen des DESC nicht sicher, in welchem Ausmass sich ihre dissoziative Symptomatik im Vergleich zu anderen unterscheidet. Zudem war der DESC das einzige untersuchte Messinstrument, das in keiner Beziehung zu traumatischer Erfahrungen der Proband*innen stand. Der DESR zeigte sich als das verständlichste Instrument und kann als Alternative zur Messung dissoziativer Symptome hinzugezogen werden.



Zusätzliche Referenzen

Bernstein, E. M., & Putnam, F. W. (1986). Development, reliability, and validity of a dissociation scale. Journal of Nervous and Mental Disease, 174(12), 727-735.

Dalenberg, C., Carlson, E. & Putnam, F. (2010) Psychometrics and the validity oft he DES-R and DES-B (Paper presentation). The international society of traumatic stress studies, Montreal, Canada.

Wright, D. B., & Loftus, E. F. (1999). Measuring dissociation: Comparison of alternative forms of the dissociative experiences scale. American Journal of Psychology, 112(4), 497-519.


PDF der Studie


Psychometrics of Three Dissociation Scales Reliability and Validity Data on the DESR, DES-
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