Sertralin – Wunderwaffe in der Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung?
Gemäss Richtlinien der American Psychological Association (APA) gehören Psychopharmaka zu den erweiterten empfohlenen Psychopharmaka im Kampf gegen die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS; American Psychological Association, 2023). Eines der erstgenannten Psychopharmaka ist dabei der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Sertralin. Sertralin wird überwiegend zur Behandlung von Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sowie PTBS verwendet (Singh & Saadabadi, 2022).
Im vorliegenden Beitrag soll anhand von verschiedenen Studien einen kurzen Einblick in die Wirkungsweise von Sertralin auf die PTBS gegeben werden. Diese Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ausserdem wurden dabei Komorbiditäten wie Depression oder andere psychiatrische Erkrankungsbilder ausser Acht gelassen. Das breite Wirkspektrum von Sertralin sowie das potenzielle gemeinsame Auftreten von z.B. Depressionen und PTBS können eine Therapie mittels Sertralin indizieren, da sowohl ein Benefit in Hinblick auf die depressive sowie die PTBS-Symptomatik besteht.
Bereits eine im Jahr 2000 veröffentlichte randomisiert kontrollierte Studie zeigte die positive Wirkung von Sertralin im Hinblick auf eine PTBS-Symptomatik auf (Brady et al., 2000). Andere Studien kamen dabei zu ähnlichen Ergebnissen, wobei Sertralin meist im Vergleich zu einer reinen Placebo-Therapie verglichen wurde (Davidson et al., 2001).
Im Vergleich zur verlängerten Expositionstherapie allerdings scheint die Anwendung von Sertralin einen geringeren Benefit auf die PTBS-Symptomatik zu haben (Lori A. Zoellner et al., 2019). Dieselben Autor*innen bemerken jedoch, dass bei beiden Therapiemethoden, welche unterschiedlicher nicht sein könnten, die Präferenzen der Patient*innen eine Rolle spielen und dass beide Therapieoptionen mit einem gewissen Benefit verbunden sind.
Tripp et al. (2020) zeigen aber, dass es keinen entscheidenden Unterschied in Bezug auf die PTBS-Symptomatik zwischen verlängerter Expositionstherapie, der medikamentösen Therapie mit Sertralin oder einer Kombination dieser Therapieformen gibt. Auch sie verweisen dabei auf die Wichtigkeit der gemeinsamen Entscheidungsfindung zusammen mit der*dem Patient*in.
Eine ähnlich angelegte Studie mit Kriegsveteranen stellte fest, dass es keinen Unterschied in der Veränderung der Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung oder des Schweregrads der Symptome nach 24 Wochen zwischen den drei Gruppen von Sertralin plus verstärktem Medikamentenmanagement, verlängerter Exposition plus Placebo und verlängerter Exposition plus Sertralin gibt (Rauch et al., 2019).

Diese Resultate legen nahe, dass eine medikamentöse Therapie mit Sertralin zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung nicht immer indiziert ist und dass die Präferenzen der Patient*innen entscheidend zum Gelingen der Therapie beitragen. Unter dem Aspekt, dass Sertralin, wie die meisten Medikamente, auch unerwünschte Nebenwirkungen aufweist, ist die Aufklärung und der Einbezug der Patient*innen in die Therapie von entscheidender Bedeutung. Die wichtigsten Nebenwirkungen von Sertralin sind Synkopen, Schwindel, Durchfall, Übelkeit, Schwitzen, Schwindel, Xerostomie, Verwirrung, Halluzinationen, Zittern, Somnolenz, Impotenz, eine Störung der Ejakulation, Müdigkeit, Rhinitis und weibliche sexuelle Störung (Sanchez et al., 2014). Auch eine veränderte Herzstromkurve (verlängertes QT-Intervall) (Beach et al., 2014), sowie ein Serotoninsyndrom gehören zu den nicht zu vernachlässigenden Nebenwirkungen.
Referenzen
American Psychological Association (APA). (2023). PTSD Treatments. Retrieved 01.04.2023 from https://www.apa.org/ptsd-guideline/treatments#
Beach, S. R., Kostis, W. J., Celano, C. M., Januzzi, J. L., Ruskin, J. N., Noseworthy, P. A., & Huffman, J. C. (2014). Meta-analysis of selective serotonin reuptake inhibitor-associated QTc prolongation. The Journal of clinical psychiatry, 75(5), e441-449. https://doi.org/10.4088/jcp.13r08672
Brady, K., Pearlstein, T., Asnis, G. M., Baker, D., Rothbaum, B., Sikes, C. R., & Farfel, G. M. (2000). Efficacy and Safety of Sertraline Treatment of Posttraumatic Stress DisorderA Randomized Controlled Trial. JAMA, 283(14), 1837-1844. https://doi.org/10.1001/jama.283.14.1837
Davidson, J. R. T., Rothbaum, B. O., van der Kolk, B. A., Sikes, C. R., & Farfel, G. M. (2001). Multicenter, Double-blind Comparison of Sertraline and Placebo in the Treatment of Posttraumatic Stress Disorder. Archives of General Psychiatry, 58(5), 485-492. https://doi.org/10.1001/archpsyc.58.5.485
Lori A. Zoellner, Ph.D. ,, Peter P. Roy-Byrne, M.D. ,, Matig Mavissakalian, M.D. ,, & Norah C. Feeny, Ph.D. (2019). Doubly Randomized Preference Trial of Prolonged Exposure Versus Sertraline for Treatment of PTSD. American Journal of Psychiatry, 176(4), 287-296. https://doi.org/10.1176/appi.ajp.2018.17090995
Rauch, S. A. M., Kim, H. M., Powell, C., Tuerk, P. W., Simon, N. M., Acierno, R., Allard, C. B., Norman, S. B., Venners, M. R., Rothbaum, B. O., Stein, M. B., Porter, K., Martis, B., King, A. P., Liberzon, I., Phan, K. L., & Hoge, C. W. (2019). Efficacy of Prolonged Exposure Therapy, Sertraline Hydrochloride, and Their Combination Among Combat Veterans With Posttraumatic Stress Disorder: A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry, 76(2), 117-126. https://doi.org/10.1001/jamapsychiatry.2018.3412
Sanchez, C., Reines, E. H., & Montgomery, S. A. (2014). A comparative review of escitalopram, paroxetine, and sertraline: Are they all alike? International clinical psychopharmacology, 29(4), 185-196. https://doi.org/10.1097/yic.0000000000000023
Singh, H. K., & Saadabadi, A. (2022). Sertraline. StatPearls Publishing, Treasure Island (FL). http://europepmc.org/abstract/MED/31613469
http://europepmc.org/books/NBK547689
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK547689
Tripp, J. C., Norman, S. B., Kim, H. M., Venners, M. R., Martis, B., Simon, N. M., Stein, M. B., Allard, C. B., & Rauch, S. A. M. (2020). Residual symptoms of PTSD following Sertraline plus enhanced medication management, Sertraline plus PE, and PE plus placebo. Psychiatry Research, 291, 113279. https://doi.org/https://doi.org/10.1016/j.psychres.2020.113279